Umlageklauseln auf dem Prüfstand
OLG Dresden, Urteil vom 09.05.2023 – 14 U 1343/22; BGH, Beschluss vom 29.05.2024 – VII ZR 97/23 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
In einer aktuellen Entscheidung hat sich das OLG Dresden mit der rechtlichen Einordnung und Wirksamkeit von Umlageklauseln des Auftraggebers auseinandergesetzt.
Philipp Pellen erläutert die Entscheidung und erklärt Ihnen, warum beide Vertragsseiten bei Umlageklauseln genau hinsehen sollten.
Ein Auftraggeber (AG) einen Bauvertrags kürzte die Schlussrechnung eines Auftragnehmers (AN) um mehrere Prozentpunkte. Zum einen nahm er einen Abzug für eine angeblich abgeschlossene Bauwesenversicherung (0,35% der Nettoauftragssumme) vor, zum anderen eine pauschale Umlage in Höhe von 1,15% für die Nutzung von Baustrom und Bauwasser. Nach Ansicht des AG war dies im Verhandlungsprotokoll vereinbart und daher wirksam Bestandteil des Bauvertrags.
Der AN hat beide Abzüge angefochten und bestritt insbesondere den Abschluss sowie die Kosten einer Bauwesenversicherung. Er monierte zudem, dass ihm für Baustrom und Bauwasser keine realistische Wahl gelassen worden sei und es sich bei diesen Umlagen um Preisnebenabreden handele, die einer AGB-rechtlichen Kontrolle (§ 307 ff. BGB) unterworfen seien. Das OLG Dresden hatte nun zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen vertraglich vorgegebene Umlagen AGB-rechtlich bedenklich sein können bzw. wann sich der AG auf diese berufen darf.
Das OLG Dresden hat die hier verwandten Umlageklauseln für die Bauwesenversicherung sowie für Baustrom und Bauwasser als sogenannte Preishauptabreden eingestuft, welche einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht unterliegen.
Da die Umlagen den Preis der Hauptleistung des AN, also dessen Vergütung, unmittelbar beeinflussen, stellen sie nicht bloß Nebenabreden dar (die AGB-rechtlich überprüft werden könnten), sondern gehören zum „Kern“ der Preisbildung. Eine generelle Unwirksamkeit der Umlageklauseln stand damit nicht in Rede.
Dennoch hatte der AN teilweise Erfolg: der AG darf nach Auffassung des OLG einen vereinbarten Abzug für eine Bauwesenversicherung nur dann tatsächlich vornehmen, wenn er schlüssig belegen kann, dass er eine solche Versicherung tatsächlich auch abgeschlossen hat und ihm hierfür entsprechende Kosten entstanden sind.
Da dem AG dieser Nachweis im vorliegenden Fall nicht möglich war, war er zu einer diesbezüglichen Umlage nicht berechtigt. Denn der AG soll sich mit Kostenumlagen nicht bereichern dürfen.
Bei den ebenfalls vom AN monierten Umlagen für Baustrom und Bauwasser kam das Gericht hingegen zu einem anderen Ergebnis: Strom und Wasser waren dem AN vom AG gestellt worden. Die Kostenbeteiligung des AN war daher über die vereinbarte Umlageklausel berechtigt.
Selbst eher geringfügige prozentuale Abzüge können je nach Auftragsvolumen und bei wiederholtem Auftreten finanzielle Einbußen für den Auftragnehmer verursachen. Oft ist den Auftragnehmern gar nicht bewusst, dass sie genau hingucken sollten und können, wenn der Auftraggeber prozentuale Umlagen von der Schlussrechnung abzieht. Es ist ratsam, auf einen Nachweis zu bestehen, dass den Abzügen tatsächlich entstandene Kosten gegenüberstehen.
Nicht alle Gerichte werten solche Umlageklauseln (Baustrom, Bauwasser, Bauwesenversicherung) als Preishauptabreden und damit als von der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB ausgenommen. Einige Instanzgerichte halten eine AGB-Prüfung für angezeigt, wenn der Auftragnehmer die Beistellungsleistungen des Auftraggebers in der Praxis gar nicht umgehen oder den umgelegten Verbrauch faktisch nicht reduzieren kann. Fehlt diese Wahlfreiheit, wird die Klausel oft als versteckter Preisnachlass angesehen und kann deshalb unwirksam sein (bspw. OLG Hamburg, Urt. v. 04.12.2013 – 13 U 1/09; LG Bochum, Urt. v. 04.10.2021 – 2 O 80/21). Konkret bedeutet dies für die Praxis: